Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) klassifiziert ICD-10F 43.1

Einer posttraumatischen Belastungsstörung geht immer ein Erlebnis voraus, das als lebensbedrohlich für sich und / oder andere empfunden wurde oder zu einer schweren körperlichen oder seelischen Verletzung geführt hat. Ursachen sind beispielsweise Gewaltverbrechen, Krieg, sexueller Missbrauch, Verkehrsunfälle, Naturkatastrophen und medizinische Notfälle wie etwa ein Herzinfarkt oder eine lebensgefährliche Blutung/Erkrankung. Auch die Nachricht, dass ein enger Freund oder Verwandter gestorben oder schwer erkrankt ist, kann als traumatisch empfunden werden.

Belastungen wie zum Beispiel eine Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder Mobbing führen nicht zu einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie können aber einzelne typische PTBS-Symptome auslösen und häufiger auch Depressionen oder Angststörungen. Bestehen neben der PTBS noch weitere psychische Erkrankungen, muss je nach Situation entschieden werden, welche Störung vorrangig behandelt wird.

Eine posttraumatische Belastungsstörung kann sehr unterschiedlich verlaufen. Schon während oder kurz nach dem Trauma können erste Beschwerden auftreten. Es kann aber auch einige Zeit dauern, bis sie sich zeigen. Die Symptome können nach einigen Wochen zurückgehen, aber auch viele Jahre anhalten und chronisch werden. Es gibt Phasen mit schwächeren und Phasen mit stärkeren Beschwerden. Ob und in welchem Ausmaß sich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, hängt davon ab:

  • was genau passiert ist – ob das Trauma durch Gewalterfahrungen oder durch ein schicksalhaftes Ereignis wie einen Unfall oder eine Naturkatastrophe verursacht wurde

  • wie intensiv und anhaltend das Erlebnis war

  • ob es wiederholt zu traumatischen Erlebnissen gekommen ist

  • wie anfällig jemand für psychische Beschwerden ist

  • welche schützenden Faktoren bestehen

Eine wichtige Rolle spielt, wie intensiv die Gefühle von Angst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust in der traumatischen Situation waren, ob sie als lebensbedrohlich erlebt wurden und ob jemand Gewalt durch andere erfahren hat. Wie eine Situation wahrgenommen und bewertet wird, wirkt sich also stark darauf aus, ob eine posttraumatische Belastungsstörung entsteht.

Menschen mit psychischen Problemen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen sind anfälliger für eine posttraumatische Belastungsstörung. Es gibt aber auch Menschen, die allgemein besser mit schrecklichen Ereignissen zurechtkommen als andere. Sie entwickeln seltener eine Belastungsstörung. Zudem können emotionale Zuwendung und soziale Unterstützung den Umgang mit dem Erlebten erleichtern – umgekehrt erhöht sich das Risiko für eine posttraumatische Belastungsstörung, wenn solche Hilfen fehlen.

Eine posttraumatische Belastungsstörung ist gekennzeichnet durch:

  • belastende Gedanken: Das Trauma wird immer wieder durchlebt. Oft kommen plötzlich sehr deutliche Erinnerungen hoch, die sich nicht verdrängen lassen, sogenannte Flashbacks. Die sich aufdrängenden Bilder und Gefühle werden so empfunden, als würde das Ereignis in dem Moment noch einmal passieren. Viele Menschen haben wiederkehrende Albträume. Flashbacks und Träume können Angst und Hilflosigkeit, Bedrohungsgefühle, Schuld und Scham wiederaufleben lassen, aber auch körperliche Beschwerden wie Schmerzen hervorrufen.

  • Übererregbarkeit: Menschen mit einer PTBS sind besonders wachsam und oft in einer Art ständiger Alarmbereitschaft: Sie schlafen schlecht, können sich nicht gut konzentrieren, sind reizbar und impulsiv. Außerdem reagieren sie sehr stark auf Reize, die sie an das Geschehene erinnern, wie bestimmte Gerüche, Geräusche oder Bilder. Dabei kann es zu Herzklopfen, Engegefühl in der Brust, Atembeschwerden und Zittern kommen.

  • Vermeidungsverhalten: Die Betroffenen vermeiden Situationen, Orte oder Menschen, die mit dem Erlebten in Verbindung stehen und Erinnerungen und Flashbacks wachrufen könnten. Das betrifft auch bestimmte Aktivitäten, Gedanken oder Gespräche. Manche Menschen mit PTBS ziehen sich zurück oder verlieren das Interesse an Dingen, die ihnen früher wichtig waren. Einige fühlen sich fremd im eigenen Leben. Manche verdrängen ihre Erfahrungen so stark, dass sie sich an wichtige Teile des traumatischen Geschehens nicht mehr erinnern. Eine PTBS kann auch dazu führen, dass man sich emotionslos und innerlich wie taub fühlt. Oft ist es nicht möglich, das Erlebte einzuordnen und zu verarbeiten.

  • negative Gedanken und Stimmungen: Bei vielen Menschen ist das Vertrauen in sich und andere erschüttert. Ihr Selbstwertgefühl nimmt oft stark ab, sie empfinden sich als schwach und ohnmächtig. Häufig quälen sie sich mit Fragen wie: Warum ist es mir passiert? Wie hätte ich es verhindern können? Bin ich (mit) schuldig? Sie können auch sehr reizbar oder ständig verärgert sein. Sie können auf die Person wütend sein, die das Trauma verursacht hat, aber auch auf Menschen, von denen sie sich danach nicht genügend unterstützt gefühlt haben, zum Beispiel Polizisten oder Krankenhauspersonal.

Bei Kindern äußert sich ein posttraumatisches Belastungssyndrom oft anders als bei Erwachsenen. Häufig spielen sie das Erlebte in symbolischer Form immer wieder durch, zum Beispiel mit anderen szenischen Bildern und Beteiligten. Viele werden verhaltensauffällig, zum Beispiel sehr ängstlich oder aggressiv.

Starke Beschwerden können dazu führen, dass der Mensch im Alltag nicht mehr zurechtkommt.Es entstehen Probleme in Beziehungen zu anderen (geliebten) Menschen. Manche Betroffene verlieren ihre Arbeit, weil sie aufgrund von Schlaf- und Konzentrationsproblemen oder Angst den beruflichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Vor allem nach Missbrauchserfahrungen können sich auch sexuelle Probleme entwickeln.

Behandlung bei PTBS

Zunächst ist es wichtig, die Bedürfnisse und Behandlungsziele eines Betroffenen zu klären.

  • Welche Beschwerden stehen im Vordergrund?
  • Was sind realistische Behandlungsziele
  • Welche zusätzliche Unterstützung ist nötig?
  • Ist eine Behandlung überhaupt notwendig?

Zentraler Teil einer Psychotherapie bei PTBS ist die sogenannte Traumatherapie. Dabei geht es darum, sich in einem sicheren und geschützten Rahmen gezielt mit dem Erlebten auseinanderzusetzen. Im Rahmen einer Psychotherapie kann auch die wirkungsvolle und gut erforschte EMDR-Behandlung eingesetzt werden. EMDR (englisch: Eye Movement Desensitization and Reprocessing) bedeutet übersetzt etwa „Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung“. Dabei werden während der therapeutischen Gespräche bestimmte Reize (visuell, akustisch oder taktil) eingesetzt, um die Verarbeitung des Traumas zu erleichtern. Nach einer erfolgreichen EMDR-Traumatherapie können sich die Betroffenen an das Ereignis erinnern, ohne dass die damit verbundenen Gefühle in ihrer ursprünglichen Intensität reaktiviert werden. Das Gehirn hat die Information, dass das bedrohliche Ereignis vorbei ist und überlebt wurde, integriert. Ziel ist es ebenfalls, die Resilienz und Selbstwirksamkeitserwartung zu stärken, zu reaktivieren und auszubauen. Weitere Informationen wie ich mit der EMDR Therapie arbeite finden Sie hier.